„Komm’ für einen halben Tag oder für zwei Wochen!“
Für Ende Mai habe ich eine Einladung meines alten Freundes Jörg-Peter bekommen: Er sei mit seiner Frau und Hund für zwei Wochen in einem schönen italienischen Ferienhaus in der Region La Spezia. Für mich sei da jederzeit Platz mit Schlafzimmer und eigenem Bad. Egal, ob es sich nun um einen halben Tag handele oder um die ganzen zwei Wochen.
Was für eine liebevolle Einladung! Gerade in meiner Situation als Krebskranker ist es wunderbar, wenn mir (a) alle Freiheiten und damit volle Flexibilität gegeben werden und (b) auch mit einem eigenen Bad meinem besonderen Wunsch nach Intimität Rechnung getragen werden kann.
Es sind diese offenen Arme, die unkompliziert einladen und sagen: „Come as you are …!“ Ein sehr schönes Gefühl, so gemeint zu sein.
Nun ergab es sich aber, dass ich in besagter Zeitspanne – zumindest zu Beginn der 14 Tage – im Israelitischen Krankenhaus sein musste. Entzündungswerte waren nicht im grünen Bereich, und die Ärzte wollten mich ungern Hamburg verlassen lassen, ohne die Ursache erkannt und bekämpft zu haben. Es drohe eine Sepsis mit unabsehbaren Folgen. Also verschob ich meine Pläne um einige Tage.
Schließlich erklärte mir die wunderbare Palliativärztin Frau Dr. Tillmann, dass wir aus ihrer Sicht ein gewisses Risiko eingehen sollten. Denn mit Medikamenten und Infusionen könne man nun versuchen, die jeweils kritischen Blutwerte so zu verändern, dass es ein besseres Gesamtbild ergäbe. Allerdings hätten alle entsprechenden Eingriffe dann wiederum Auswirkungen auf andere Blutwerte, die dann in den Fokus genommen werden müssten. Kurzum: Sie meinte, es könne sein, dass wir sechs Wochen weiter Mittel verabreichen, wir dann aber doch irgendwie an derselben Stelle stünden wie aktuell. Mit dem Unterschied, dass ich die Einladung von Jörg-Peter habe verstreichen lassen.
Also schmiedeten wir mit dem ebenfalls sehr kompetenten Stationsarzt Dr. Henke den Plan, dass wir das Antibiotikum absetzen, ich das Krankenhaus verlasse aber zunächst noch ein paar Tage in Hamburg bleibe. Wenn sich dann nichts tut, solle ich in Gottes Namen nach Italien reisen. So haben wir es gemacht. Und alles lief glatt.
Mein ursprünglicher Plan war, dass ich nach Milano fliege und mir dort einen Scooter leihe, um zum Ferienhaus zu fahren und in der Folge durch italienische Dörfer in der Toskana zu cruisen. Nun war ich gesundheitlich angeschlagen und daher etwas vorsichtiger. Ich flog nach Pisa in der Nähe von La Spezia, wurde von Jörg-Peter abgeholt – und hatte die ganze Woche, in der ich dort war, kein Bedürfnis, mir einen Scooter zu leihen.
Es war einfach perfekt, wie es war. Mit JP, seiner Frau und ihrem etwas spinnerten aber liebenswerten Hund Pado. Wir haben Doraden gegrillt, viel am Pool gelegen, gechillt und auch viel getrennt voneinander unternommen. Das Wetter war herrlich, ich konnte endlich wieder ein wenig Italienisch sprechen und genießen. Die Woche hat mir sehr viel bedeutet, für die körperliche Erholung, aber vor allem auch mental. Eine knappe Woche zum tief Genießen.
Übrigens musste ich Jörg-Peter versprechen, bei der Ortsangabe nicht zu genau zu sein, damit solch ein herrlicher Ort sich nicht unaufhaltsam verbreitet und damit viel von seinem Charme einbüßt. Belassen wir es also bei „in der Region La Spezia“.